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Das Mainzer Mikrotron, eine vierstufige Mikrotron-Kaskade namens MAMI-C, ist die zentrale Forschungseinrichtung des Instituts für Kernphysik. Es liefert einen Elektronenstrahl mit einer maximalen Energie von 1558 Millionen Elektronenvolt (MeV). Zu den herausragenden Eigenschaften von MAMI gehören z.B. ein Strahlstrom von bis zu 100µA, eine Energieverteilung von weniger als 10-4 sowie eine hervorragende Zuverlässigkeit, die mehr als 7000 Strahlstunden pro Jahr ermöglicht.

Der Mainzer Beschleuniger MESA befindet sich derzeit im Bau. Mit Hilfe von Energierückgewinnung und Supraleitung wird er einen mehr als 10-mal höheren Strahlstrom als MAMI liefern, bei einem Stromverbrauch von weniger als 50%. Dies wird neue Experimente in der Teilchenphysik ermöglichen, die bisher nicht möglich waren.

Sowohl der MAMI– als auch der MESA-Beschleuniger kann einen Strahl mit mehr als 80% Spinpolarisation liefern, was die Beobachtung spinempfindlicher Messgrößen an allen experimentellen Aufbauten ermöglicht.

RF-Supraleitung bezieht sich auf die Anwendung von supraleitenden Materialien in Hochfrequenzgeräten, insbesondere in Beschleunigern für die Teilchenphysik, die Kernphysik und als Lichtquellen. Supraleiter weisen bei sehr niedrigen Temperaturen einen elektrischen Widerstand von Null auf und ermöglichen so extrem effiziente RF-Resonatoren mit hohen Qualitätsfaktoren. Dies ermöglicht den Bau von leistungsfähigeren und energieeffizienteren Teilchenbeschleunigern.

 

Spinpolarisierte Elektronenstrahlen sind ein Schlüsselelement für Experimente in der Hadronen- und Teilchenphysik, da sie es ermöglichen, die Spinabhängigkeit der fundamentalen Kräfte zu untersuchen. Die Erzeugung, Manipulation und Analyse solcher Strahlen ist das Ziel unserer Gruppe. Die Produktion erfordert die Kontrolle spezieller Halbleiter, so genannter Supergitter, in denen der Drehimpuls von zirkular polarisiertem Laserlicht auf den Spin der Elektronen übertragen wird. Solche Elektronen aus dem Halbleiter zu extrahieren und sie zu einem nützlichen Strahl zu formen sowie den Spinvektor der Elektronen zu manipulieren, ist eine anspruchsvolle Aufgabe der Beschleunigerstrahldynamik. Um Präzisionsexperimente zu ermöglichen, ist es schließlich notwendig, das Verhältnis zwischen „Spin-up“- und „Spin-down“-Elektronen im Strahl so genau wie möglich zu analysieren. Dies wird durch spezifische Elektronenstreuungsreaktionen wie Mott- und Möller-Streuung erreicht. Alle hier erwähnten Materialien und Methoden unterliegen einer ständigen Optimierung und bieten eine Vielzahl von Themen für Bachelor-, Master- und PhD-Arbeiten.

Hochenergetische Photonen mit Energien bis zu mehreren 10 MeV, sogenannte Gammastrahlen, werden für die Grundlagenforschung in der Kernphysik und der nuklearen Astrophysik verwendet. Sie können durch Compton-Rückstreuung (CBS) niederenergetischer Photonen (einige eV) durch Elektronen mittlerer Energie erzeugt werden. Durch die Verwendung von Elektronenstrahlen mit hoher Helligkeit, die von Energy Recovery Linacs (ERL) – wie MESA – bereitgestellt werden, kann die Qualität der erzeugten Gammastrahlen in Bezug auf Bandbreite, Fluss und Wiederholungsrate im Vergleich zu Speicherringen oder Linac-basierten Quellen erheblich verbessert werden. Um jedoch einen hohen Gammastrahlenfluss zu erreichen, muss man die CW-Fähigkeit der ERLs voll ausschöpfen. Dies ist eine Herausforderung in Bezug auf die Laserrepetitionsrate und die Energierückgewinnung im Multiturn-Betrieb. Dementsprechend hat sich die Forschungsgruppe Ziele für die Entwicklung, das Design, die numerische und experimentelle Bewertung von ERL-basierten Gammastrahlenquellen gesetzt.

Die UNILAC-Arbeitsgruppe ist für den Betrieb und die Weiterentwicklung des Schwerionenbeschleunigers UNILAC bei der GSI verantwortlich. In der anfänglichen FAIR Phase 0 ist unsere oberste Priorität, einen reibungslosen und zuverlässigen Strahlbetrieb zu gewährleisten. Das Team plant, organisiert und verwaltet die erforderlichen Strahlzeiten und Abschaltzeiten; während der Strahlzeit leisten die Mitglieder der Gruppe rund um die Uhr Bereitschaftsdienst. In Vorbereitung auf die geplante Inbetriebnahme und Betriebsphase der FAIR-Beschleunigeranlage müssen verschiedene Systemkomponenten ersetzt oder optimiert werden – eine Arbeit, die ebenfalls von der Gruppe geplant und koordiniert wird.

Die Arbeitsgruppe ist auch für die Entwicklung des supraleitenden Linearbeschleunigers HELIAC (HElmholtz LInear ACcelerator) verantwortlich. Am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung wird HELIAC Schwerionenstrahlen mit Energien von 3,5 bis 7,6 MeV/u (A/Z = 6) liefern. Dank supraleitender Hochfrequenztechnologie (RF) wird er hohe durchschnittliche Strahlströme im Dauerstrichbetrieb (cw) liefern. Die RF-Resonatoren vom Typ Crossbar H-Mode (CH) werden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewandte Physik (IAP) der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt. Ihre grundsätzliche Eignung für die Ionenstrahlbeschleunigung wurde in einer früheren Phase des Projekts nachgewiesen. In der aktuellen fortgeschrittenen Demonstrationsphase ist ein erweiterter Strahltest mit dem ersten voll ausgestatteten Serienkryomodul bei GSI geplant. Die erforderliche Infrastruktur wurde in den letzten Jahren aufgebaut: Neben einem strahlungsgeschützten Bereich, der mit dem Heliumverflüssiger vor Ort bei 4 K verbunden ist, wurden wesentliche Vorbereitungen am Helmholtz-Institut Mainz (HIM) abgeschlossen, wo die supraleitenden Resonatoren einzeln auf ihre Leistungsfähigkeit getestet wurden und ein geräumiger Reinraum der ISO-Klasse 4 in Betrieb genommen wurde, um die hochreine Montage der supraleitenden HF-Strukturen zu ermöglichen. Diese Arbeit beinhaltet eine enge Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen des gesamten GSI-Beschleunigerbereichs sowie mit internen und externen Nutzern, einschließlich Partnern an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und HIM.